Römischer Studienkurs
2019
Valencia –
Spanische Kunstgeschichte im europäischen Maßstab
23.-27. September 2019
Leitung: Prof. Dr. Tanja Michalsky, Dr. des. Adrian
Bremenkamp, Sven Jakstat
Der Römische Studienkurs
der Bibliotheca Hertziana widmet sich in diesem Jahr erstmalig einer Stadt
außerhalb Italiens. Valencia, heute die drittgrößte Metropole Spaniens und ehemals
Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs, war im Spätmittelalter politisch und
kulturell eng mit der italienischen Halbinsel verbunden; insbesondere mit Rom,
mit Florenz, und nicht zuletzt mit dem von den aragonesischen Königen regierten
Neapel. Im 15. Jahrhundert war das westliche Mittelmeer kurzzeitig sogar zu
einer Art Binnengewässer der Krone von Aragon geworden. Doch schon zuvor waren
die Beziehungen zwischen der iberischen und der italienischen Halbinsel so
intensiv, dass sich beide Seiten kaum unabhängig voneinander untersuchen
lassen. Von diesen Verflechtungen ausgehend untersucht der Kurs auf synchroner
Ebene kulturelle Transformationen und Übersetzungen. Komplementär dazu werden in
diachroner Perspektive ausgewählte Orte der Stadt in ihrer historischen
Schichtung und Überschreibung bis in die Gegenwart analysiert. Querschnitte und
Tiefenbohrungen sollen sich also ergänzen. Das Studium einzelner Objekte steht
dabei gleichberechtigt neben dem Interesse am Stadtraum selbst, dessen
geographische, historische und soziale Gestalt und Gestaltung wir verstehen
wollen.
Aufgrund der
Dominanz der Kunstgeschichte Italiens für die Methoden- und Kanonbildung des Faches
hat die Kunstgeschichte Spaniens lange Zeit nur hinsichtlich ihrer Relevanz für
die italienische Kunst international Würdigung erfahren. Zumeist wurden beide
Kulturräume unabhängig voneinander bearbeitet. Komparatistische und
transnationale Ansätze sind hingegen oft mit dem Problem konfrontiert, dass ihr
Untersuchungsgegenstand an einem Maßstab gemessen wird, der aus dem Denkmalbestand
anderer Kunstregionen entwickelt wurde. So entstehen Deutungsabhängigkeiten und
implizite Wertungen, die oft nicht mit der Wahrnehmung historischer Akteure
übereinstimmen. Wenn z.B. ein Bauwerk als „noch gotisch“ oder „spätgotisch“ bezeichnet
wird, erscheint es in zweifacher Weise als unzureichend, nämlich als zugleich
von der französischen Gotik abgeleitet und der italienischen Renaissance
hinterherhinkend. Um diesem Dilemma methodisch zu begegnen, erproben wir im
Rahmen des Studienkurses das Konzept der „Skalierung“ (scaling). Das
Wechselspiel der Untersuchungseinstellungen („jeux d’echelles“) und die Veränderung
des Untersuchungsmaßstabs – von Mikro nach Makro, von Lokal nach Global, von
Formanalyse zur Stadtforschung – soll es ermöglichen, eingefahrene Deutungsmuster
als solche zu identifizieren und aufzubrechen. Ziel ist es, Valencia in seiner
lokalen Spezifik und Alterität zu verstehen, ohne dabei den Blick für das transregionale
Anspruchsniveau zu verlieren, das die Stadt und seine Kunst definiert.
Das Spektrum
der vor Ort untersuchten Objekte reicht von den historischen Schichtungen des
Stadtzentrums seit der Antike über frühneuzeitliche Repräsentationsbauten wie
der Lonja de la Seda, bis hin zu postmodernen Großprojekten wie Calatravas
Ciutat de les Arts i les Ciències. Ein grundlegendes Motiv der
Geschichtsschreibung Valencias, nämlich die allmähliche Transformation des
ehemals muslimisch geprägten Stadtbilds in eine christliche Idealstadt soll
dabei ebenso kritisch reflektiert werden wie der Umgang und die
Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit im Stadtraum und an dessen
Grenzen. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch die religiösen
Institutionen wie die Klöster Santo Domingo oder San Miguel de los Reyes mit
ihrer engen Bindung an das Königshaus. Untersucht werden einerseits Knotenpunkte
der Stadt, wie die Kathedrale und ihre Inszenierung durch die Gestaltung der
sie umgebenden Plätze. Andererseits soll die Aufmerksamkeit transversalen
Phänomenen gelten, die an verschiedenen Orten sichtbar werden. Dies gilt z.B.
für die Ästhetik der neuen Baukunst um 1400 („valencianische Spätgotik“), die Typologie
und Funktion des Altarbildes in Valencia, oder der Rolle von
Materialikonografie und -ästhetik.
Die
Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte übernimmt die
nachgewiesenen Fahrtkosten bis zu einer Obergrenze von 300 € sowie die Kosten
der Unterbringung. Ferner erhalten die Teilnehmer*innen ein pauschales Tagegeld
von insgesamt 184 €. Diese Ausschreibung ist auch im Internet zu finden unter: https://www.biblhertz.it/de/research-grants/field-school.
Die Bewerbung ist in einem PDF, das einen kurzen Lebenslauf, ein
Empfehlungsschreiben eines/er Hochschullehrers*in und ein Motivationsschreiben enthalten
soll, bis zum 30.06.2019 an Raffaele Rossi (rossi@biblhertz.it) zu richten. Die Bewerber*innen erhalten bis Mitte Juli Bescheid über die
Auswahl und die Vergabe von Referatsthemen.
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