Dienstag, 11. Juni 2019


Römischer Studienkurs 2019
Valencia – Spanische Kunstgeschichte im europäischen Maßstab
23.-27. September 2019

Leitung: Prof. Dr. Tanja Michalsky, Dr. des. Adrian Bremenkamp, Sven Jakstat

 
Der Römische Studienkurs der Bibliotheca Hertziana widmet sich in diesem Jahr erstmalig einer Stadt außerhalb Italiens. Valencia, heute die drittgrößte Metropole Spaniens und ehemals Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs, war im Spätmittelalter politisch und kulturell eng mit der italienischen Halbinsel verbunden; insbesondere mit Rom, mit Florenz, und nicht zuletzt mit dem von den aragonesischen Königen regierten Neapel. Im 15. Jahrhundert war das westliche Mittelmeer kurzzeitig sogar zu einer Art Binnengewässer der Krone von Aragon geworden. Doch schon zuvor waren die Beziehungen zwischen der iberischen und der italienischen Halbinsel so intensiv, dass sich beide Seiten kaum unabhängig voneinander untersuchen lassen. Von diesen Verflechtungen ausgehend untersucht der Kurs auf synchroner Ebene kulturelle Transformationen und Übersetzungen. Komplementär dazu werden in diachroner Perspektive ausgewählte Orte der Stadt in ihrer historischen Schichtung und Überschreibung bis in die Gegenwart analysiert. Querschnitte und Tiefenbohrungen sollen sich also ergänzen. Das Studium einzelner Objekte steht dabei gleichberechtigt neben dem Interesse am Stadtraum selbst, dessen geographische, historische und soziale Gestalt und Gestaltung wir verstehen wollen.

Aufgrund der Dominanz der Kunstgeschichte Italiens für die Methoden- und Kanonbildung des Faches hat die Kunstgeschichte Spaniens lange Zeit nur hinsichtlich ihrer Relevanz für die italienische Kunst international Würdigung erfahren. Zumeist wurden beide Kulturräume unabhängig voneinander bearbeitet. Komparatistische und transnationale Ansätze sind hingegen oft mit dem Problem konfrontiert, dass ihr Untersuchungsgegenstand an einem Maßstab gemessen wird, der aus dem Denkmalbestand anderer Kunstregionen entwickelt wurde. So entstehen Deutungsabhängigkeiten und implizite Wertungen, die oft nicht mit der Wahrnehmung historischer Akteure übereinstimmen. Wenn z.B. ein Bauwerk als „noch gotisch“ oder „spätgotisch“ bezeichnet wird, erscheint es in zweifacher Weise als unzureichend, nämlich als zugleich von der französischen Gotik abgeleitet und der italienischen Renaissance hinterherhinkend. Um diesem Dilemma methodisch zu begegnen, erproben wir im Rahmen des Studienkurses das Konzept der „Skalierung“ (scaling). Das Wechselspiel der Untersuchungseinstellungen („jeux d’echelles“) und die Veränderung des Untersuchungsmaßstabs – von Mikro nach Makro, von Lokal nach Global, von Formanalyse zur Stadtforschung – soll es ermöglichen, eingefahrene Deutungsmuster als solche zu identifizieren und aufzubrechen. Ziel ist es, Valencia in seiner lokalen Spezifik und Alterität zu verstehen, ohne dabei den Blick für das transregionale Anspruchsniveau zu verlieren, das die Stadt und seine Kunst definiert.

Das Spektrum der vor Ort untersuchten Objekte reicht von den historischen Schichtungen des Stadtzentrums seit der Antike über frühneuzeitliche Repräsentationsbauten wie der Lonja de la Seda, bis hin zu postmodernen Großprojekten wie Calatravas Ciutat de les Arts i les Ciències. Ein grundlegendes Motiv der Geschichtsschreibung Valencias, nämlich die allmähliche Transformation des ehemals muslimisch geprägten Stadtbilds in eine christliche Idealstadt soll dabei ebenso kritisch reflektiert werden wie der Umgang und die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit im Stadtraum und an dessen Grenzen. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch die religiösen Institutionen wie die Klöster Santo Domingo oder San Miguel de los Reyes mit ihrer engen Bindung an das Königshaus. Untersucht werden einerseits Knotenpunkte der Stadt, wie die Kathedrale und ihre Inszenierung durch die Gestaltung der sie umgebenden Plätze. Andererseits soll die Aufmerksamkeit transversalen Phänomenen gelten, die an verschiedenen Orten sichtbar werden. Dies gilt z.B. für die Ästhetik der neuen Baukunst um 1400 („valencianische Spätgotik“), die Typologie und Funktion des Altarbildes in Valencia, oder der Rolle von Materialikonografie und -ästhetik.

Die Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte übernimmt die nachgewiesenen Fahrtkosten bis zu einer Obergrenze von 300 € sowie die Kosten der Unterbringung. Ferner erhalten die Teilnehmer*innen ein pauschales Tagegeld von insgesamt 184 €. Diese Ausschreibung ist auch im Internet zu finden unter: https://www.biblhertz.it/de/research-grants/field-school.

Die Bewerbung ist in einem PDF, das einen kurzen Lebenslauf, ein Empfehlungsschreiben eines/er Hochschullehrers*in und ein Motivationsschreiben enthalten soll, bis zum 30.06.2019 an Raffaele Rossi (rossi@biblhertz.it) zu richten. Die Bewerber*innen erhalten bis Mitte Juli Bescheid über die Auswahl und die Vergabe von Referatsthemen.

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